Mehrsprachigkeit und Sprachentwicklungsstörungen

Das Wichtigste vorweg: der Spracherwerb verläuft bei jedem Kind anders, egal ob das Kind eine, zwei oder mehrere Sprachen lernt. Bei mehrsprachigen Kinder gibt es jedoch noch mehr Variation unter anderem aufgrund des unterschiedlichen Erwerbsaltes, der Sprachkonstellation, des Sprachgebrauchs in der Familie, der Qualität und Quantität des Sprachangebotes und der Eigenmotivation.

Untersuchungen haben gezeigt, dass sich Mehrsprachigkeit positiv auf Folgendes auswirken kann:

  • Bewusstsein für verschiedene Sprachen und Kulturen
  • Sprachlernen
  • Kreativität und Problemlöseverhalten
  • Aufmerksamkeitskontrolle

FAQ

Was ist wichtig bei der Beurteilung der Sprachleistung mehrsprachiger Kinder?

Es ist wichtig den Sprachhintergrund der Kinder zu ermitteln. Aufgrund von unterschiedlichem Umfang des Sprachgebrauchs der Sprachen haben mehrsprachige Kinder unterschiedliche Fähigkeiten in den einzelnen Sprachen. Dies kann dazu führen, dass Kindern bestimmte Wörter in einer Sprache nicht bekannt sind oder nicht einfallen und sie daher das Wort in der anderen Sprache verwenden. Zusätzlich können die verschiedenen Sprachen auch einen Einfluss aufeinander haben. Dies kann dazu führen, dass mehrsprachige Kinder bestimmte grammatikalische Merkmale aus der einen in die andere Sprache übertragen, was das Erlernen von bestimmten grammatikalischen Merkmalen entweder beschleunigen oder verlangsamen kann je nach Sprachkombination.

Bei mehrsprachigen Kindern werden oft fälschlicherweise Sprachstörungen diagnostiziert, wenn die Kinder nur in der schwächeren Sprache getestet werden. Wenn Sprachstörungen vorhanden sind, zeigen sich diese jedoch in allen Sprachen. Daher sollten, wenn möglich, mehrsprachige Kinder in allen Sprachen getestet werden.

Kann Mehrsprachigkeit zur Sprachverzögerung führen?

Es gibt keine eindeutigen Hinweise dafür, dass Mehrsprachigkeit zur Sprachverzögerung führt. Studien haben gezeigt, dass mehrsprachige Kinder im Normalfall die Meilensteine im Spracherwerb im gleichen Alter, wie einsprachige Kinder erreichen. Der Wortschatz mehrsprachiger Kinder mag in einer Sprache kleiner als der Durschnitt sein, aber der kombinierte Wortschatz der beiden Sprachen ist oft größer als der der einsprachiger Kinder. Es ist wichtig sich daran zur erinnern, dass Mehrsprachigkeit keine Ursache für Sprachstörungen ist.

In welcher Sprache sollte die Therapie durchgeführt werden?

Es wird häufig angenommen, dass die Therapie in der Umgebungssprache stattfinden soll, damit das Kind die Schulsprache besser beherrschen wird. Studien zeigen jedoch, dass die Beherrschung einer weiteren Sprache gute Erstsprachfähigkeiten voraussetzt.

Es wird empfohlen, alle Sprachen des Kindes in die Therapie miteinzubeziehen. Wenn das nicht möglich ist, können Sie zum Beispiel zusammen mit den Eltern arbeiten, um somit auch den Erwerb der Herkunftssprache zu fördern.

Welche Ratschläge können wir den Eltern geben?

Eltern sollen mit den Kindern die Sprache(n) verwenden, in der/n Sie sich am wohlsten fühlen und die Sie am besten beherrschen, in den meisten Fällen Ihre Erstsprache. Es gibt Hinweise, dass es für Kinder ein Nachteil ist, wenn die Eltern zu Hause eine Sprache sprechen, die Sie nicht gut beherrschen. Dies kann die Möglichkeit von bedeutungsvollen und komplexen Gesprächen zwischen Eltern und Kindern einschränken. Deutschkenntnisse vor Schulbeginn sind sicherlich auch wichtig für Kinder, weil gute Sprachkompetenzen in der Schulsprache erforderlich für den Schulerfolg sind. Deswegen ist es von großer Bedeutung, dass Kinder vor der Schule Kontakt zu der Schulsprache haben, um gute Sprachfähigkeiten zu entwickeln. Des Weiteren können Lese- und Schreibfähigkeiten von einer in die andere Sprache übertragen werden, was den Erwerb der Lese- und Schreibfähigkeiten in allen Sprachen fördert.